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Meißner/Hirschmann brachten mit Avantgarde-Kompositionen ungewöhnliche Klänge
Schwandorf. Auf eine spannende Hör-Reise in das nahezu unbekannte Gebiet moderner avantgardistischer Musik nahmen am Wochenende die Cellistin Gerlint Meißner und der Pianist Norbert Hirschmann mit. Die erste Hälfte des kammermusikalischen Programms in der Kebbel-Villa wurde mit einer Cello-Sonate des oberpfälzischen Komponisten Helmut Burkhardt und einer „Nachtmusik" ganz eigener Art von Burkhardts amerikanischem Lehrer Walter Mays bestritten. Burkhardt steht als Komponist außerhalb des gängigen Repertoires. Zu seinen Vorbildern gehören die Zwölftöner Arnold Schönberg, Alban Berg und Luigi Dallapiccola. Als Kontrast brachten Meißner/Hirschmann im zweiten Teil Kompositionen von Johannes Brahms und Leo^s Janäcek sowie als Zugabe ein kleines Stück von Maurice Ravel.
Der 1961 in Wernberg geborene Komponist Helmut Burkhardt ist im Brotberuf Musikpädagoge an der Tirschenreuther Kreismusikschule. Dem daraus entspringenden lehrenden Selbstverständnis kam Burkhardt auch am Samstag in der Kebbel-Villa nach, als er zwischen der Aufführung seiner Sonate und der „Night music" von Walter Mays für die Zuhörer einen Ausflug in Theorie und Klangeffekte moderner E-Musik einschob. So erläuterte er in Zusammenarbeit mit Gerlint Meißner,, der Solocellistin im Philharmonischen Orchester der Stadt Regensburg, was es mit dem häufig genutzten Oktavsprung auf sich hat, mit dem Glissando beim Violoncello, mit dem Spielen „hinter dem Steg" und anderen „unmöglichen" Methoden, dem Instrument neue Klänge zu entlocken.
Es war nicht das erste Mal: Schon im Februar 1995 erfuhr die vor acht Jahren in Amerika komponierte Sonate für Cello und Klavier in der Weidener Max-Reger-Halle eine Aufführung, die deutsche Uraufführung. Trotzdem merkte man Helmut Burkhardt die gespannte Erwartung an, wie das Schwandorfer Publikum reagieren würde. Der Beifall war enthusiastisch und galt gleichermaßen dem Komponisten wie dem ausführenden Duo, das die zehnminütige lebhafte und ausdrucksstarke Sonate auf faszinierende Weise näher brachte und so dem „Propheten im eigenen Land" ein gutes Stück weitere Akzeptanz verschaffte.
Eine außergewöhnliche Serenade, eine „kleine Nachtmusik" jenseits aller Klischees, eine „Night music for Cello Solo" von Walter Mays interpretierte Gerlint Meißner, die den hohen Anforderungen gemäß wie ein Derwisch agieren mußte, um dem zwischen Ekstase und Adagio springenden Stück gerecht zu werden. Der 55jährige Mays ist Professor für Komposition und Musiktheorie an der Universität Wichita in Kansas. Ende der achtziger Jahre hat Helmut Burkhardt bei ihm studiert und sich dabei viele Anregungen für die eigene Arbeit geholt. Die „Night music" erfuhr bei dem Konzert ihre deutsche Erstaufführung.
Auf große Namen wurde dann im Verlauf des Konzerts zurückgegriffen. Hochvirtuos brachte das Duo die 1886 entstandene Sonate für Cello und Klavier Nr. 2 in F-Dur, op.99, von Johannes Brahms dar, nicht weniger an- und aufrührend präsentierte sich abschließend das „Märchen" für Cello und Klavier aus dem Jahr 1910, das der mährische Komponist Leo^s Janäcek 1923 umgearbeitet hatte. Thomas Dobler