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Fröstelnd in die wunderbare Klangweite des Alls - Aug 00

Kammermusikmarathon war wieder ein Festival für sich: Vom furiosen Tastenritt bis zum Chanson

Riedenburg. (hf) War es das virtuose und von einer bewundernswerten Leichtigkeit getragene Spiel des Klarinettisten Wolfgang Meyer, die Genialität des erst elf Jahre alten Wunderknaben Wadik Rasumni, der furiose Tastenritt des Steinweg-Klavierduos Silvia Fischer und Masako Sakai, oder waren es doch die komödiantischen Einlagen der Sopranistin Annette Mayer? Wer am Montag das Kammermusikmarathon miterlebt hat, wird sich schwer tun, den Höhepunkt des Abends zu benennen. Man würde den vielen anderen Interpreten auch Unrecht tun, die den Zuhörern Kunstgenuss von einer kaum zu überbietenden Vielfalt beschert haben.

Neben der Spielkunst und -freude renommierter Musiker, die alle für sich Konzertsäle füllen, ist es das große Spektrum an Musikstilen und -gattungen sowie Instrumenten, die den Marathon so interessant machen. Einziger Nachteil: Nur selten konnte dem Wunsch des Publikums nach einer Zugabe entsprochen werden. Der Zeitplan war auch für einen Marathon recht eng.

Für viele war der Kleinste einer der Größten des Abends: Wadik Rasumni hatte eigens für den Sinfonischen Sommer eine Klaviersonate geschrieben. Mit stolz geschwellter Brust schritt der Pianist über die Bühne zum Klavier und scheute sich auch nicht, Franz Hummel zu widersprechen: „Denk an die Größten" sei nicht die erste, sondern schon seine zweite Klaviersonate. Vor so viel Genialität verneigte sich sogar der Riedenburger Meister und half dem russischen Wunderkind eigenhändig, den Klavierhocker auf die rechte Höhe zu drehen.

Großen Beifall erhielt auch der Bariton Julian Tovey, vielen noch vom vorigen Jahr bekannt, als er als Ludwig-Darsteller den Riedenburgern einen Vorgeschmack auf das Füssen-Musical gab.

Ihre vielseitige Begabung als Schauspielerin und Sängerin bewies Annette Mayer gleich mehrfach. Die gebürtige Düsseldorferin, die im Musical „Ludwig IL" die Sophie mimt, spielte förmlich mit dem Publikum. Als sie zu ihrem „Stoßseufzer einer Frau von heute" ansetzte, eilte ihr Pianist Bartholomew Berzonsky entgegen: Er habe die Noten für dieses Stück vergessen. Eine weitere komödiantische Einlage, oder tatsächlich ein Lapsus? Jedenfalls lieferten sie den Beitrag - sehr zur Erheiterung des Publikums - nach der Pause nach.

Auf Giora Feitman, den gefeierten Star der vergangenen Jahre, hat Hummel diesmal bewusst verzichtet, um andere zum Zuge kommen zu lassen und das Festival nicht auf einen Künstler zu konzentrieren. Dass auch andere Klarinettisten das Prädikat „meisterhaft" verdienen, dafür steht Wolfgang Mayer. Seine Interpretationen riefen wahre Begeisterungsstürme im Publikum hervor.

Mit einem technisch außerordentlich schwierigen Stück brillierte Ilija Koslow, eine weiterer aufgehender Stern am Musikhimmel, an der Geige. Ihr ganzes Können musste auch Violinistin Elena Denisova aufbieten, um sich durch ein Stück von Susan Oswell durchzuarbeiten. Dass sie dazu die Noten als Meterware gleich über vier Notenständer ausbreitete, kommentierte Hummel scherzhaft: „Die Partita ist ein verkapptes Streichquartett."

Klassikfans tun sich manchmal schwer mit dem, was Komponisten der Moderne hervorbringen. Wenn man in den Pausen Kommentare wie „gewöhnungsbedürftig" oder „nicht ganz mein Fall" hört, so sind das zumeist nette Umschreibungen für ein im Grunde vernichtendes Urteil. Dass modern nicht unverständlich und einen Angriff auf ungeübte Ohren bedeuten muss, zeigten zwei Uraufführungen des Komponisten Helmut Burkhardt. Als Franz Hummel den gebürtigen Weidener als Komponisten „von einem gewaltigen Eigensinn" vorstellte, wird mancher der Zuhörer schon die nächste Programmnummer herbeigesehnt haben.

Doch mit Petras Geniusas am Klavier und der Geigerin Elena Denisova wurden die beiden Stücke aus dem Zyklus „Sternenbilder" zu einem so fantastischen Klangerlebnis, dass man am Schluss meinte, man entschwebe in die unendliche Weite des Weltalls. Für den fröstelnden DK-Reporter war dies um halb drei die musikalische Einladung, ins Reich der Träume zu entschweben. Die echten Marathonis - es waren noch so um die 200 - harrten noch eine halbe Stunde aus, um sich auch ja nichts von diesem wunderbaren Abend entgehen zu lassen.